Am Mittwoch gab Mirjana Rajić ihr Festival-Debut im Bottroper Kulturzentrum-schwer beeindruckend! Schubert, Debussy, Liszt, das sind die Klavierkomponisten schlechthin, an denen man sich leicht „verheben“ kann. Doch Rajić, die in Belgrad geborene Künstlerin, verfügt über eine sichere Technik, gute Kondition, unerschöpfliche Vitalität und vor allem intelligentes Gespür für das Wesen der Musik. Hinter der Fröhlichkeit der A-Dur-Sonate aus Franz Schuberts Todesjahr entdeckt sie das Brüchige, das Morbide. Vor die heitere Sonne ziehen immer wieder graue Wolken wie im zweiten Satz. Da verstummt das beharrliche Pochen der linken Hand, wild flirrende Tongirlanden zucken aus dem Klavier, ein Unwetter bricht herein, Blitz und Donner inklusive. Rajić inszeniert das Geschehen, macht es packend erfahrbar. Und sie hat Sinn für das Liedhafte, von dem Schuberts ausgedehntes Rondo-Finale deutlich geprägt ist. An dessen Ende droht die Musik zu verstummen, wird fragmentiert und speist sich aus Erinnerungsstücken des Vorangegangenen. Diesen Schubertschen Koloss hatte die Interpretin gleich an den Anfang ihres Auftrits gesetzt. Debussys „Images“ führten wiederum in eine ganz andere Welt. Hier ging es um das Zusammenspiel aus Licht und Wasser („Reflets dans l’eau“), um die Huldigung an Rameau, den französischen Meister des Barock und um eine fantastische Klangstudie („Mouvement“), in der Mirjana Rajić ein ganzes Feuerwerk an Klavierfarben verspruehte. Schliesslich Franz Liszt, der Tastenlöwe des 19. Jahrhunderts. Mit seiner „Tarantella“ gibt er den Pianisten ein Bravourstück in die Hände, das seine Wirkung nie verfehlt. Auch das Bottroper Publikum war ganz aus dem Häuschen“ (csw)

onruhr.de Kultur 3, 15.06.2007