„Mit den Sechs Bagatellen für Klavier op.126 von Ludwig van Beethoven begann sie ihr zuweilen kraftvolles, zuweilen plakatives Spiel. Technisch versiert und überaus professionell zeigte sie, dass es sich beim letzten Klavierwerk des Meisters keineswegs lediglich um unbedeutende Kleinigkeiten handelt, sondern um ein musikalisches Kleinod, dem sie mit prägnantem Anschlag kontrastreich Substanz verlieh.

Nach der Pause erklang Frederic Chopins berühmte Fantasie Impromtu cis-Moll op.posth. 66, die gerade wegen der Mischung aus einem vorwärtsstürmendem, virtuosem Impuls heraus sowie der überschäumenden, typisch chopinschen Poesie hohe Berühmtheit erlangte. Rajić brachte das frühe Werk des 24-Jährigen gradlinig schlank mit viel Schwung, ohne allzu viel sentimental wirkendem Pathos zu Gehör. Das letzte Werk auf dem Programm gestaltete die Pianistein heißblütig italienisch: Die drei 1859 komponierten Stücke mit dem verheißungsvollen Titel „Venezia e Napoli“ erklangen dynamisch austariert, zeitweise mit grollendem Donnerhall, aber stets mit viel technischem Feingefühl. Mirjana Rajić bezauberte mit bestechend scharfen Anschlag und virtuosem Elan, insbesondere in der feurigen Tarantella, ihre begeisterte Zuhörer, die als Dank noch drei Zugaben erhielten.“

Ostholsteiner Zeitung,27.10.2010